Samstag, 3. November 2012

Halloween á la Boliviana

Für die Busfahrt von Santa Cruz nach Sucre gönnen wir uns einen eigenen Blogeintag. Alles fing damit an, dass wir uns einiges fröhlichen Tages dazu aufmachten zum Busterminal zu fahren und ein Busticket zu kaufen. Da wir schon den Verdacht hatten, dass wir überall einen Touristenbonus zahlen, waren wir natürlich besonders aufmerksam und haben die ersten Angebote abgelehnt. Stolz kehren wir später mit einem Schlafbus-Ticket zurück nach Hause. 2 Tage später...

Pünktlich zum Abfahrtszeitpunkt kommen wir am 31.10 am Busterminal an. Die Abfahrtzeit verzögert sich scheinbar um 1h und auf unsrem eingetauschten Ticket steht plötzlich Kategorie "NORMAL". Langsam dämmert uns die Wahrheit. Dass der Schrotthaufen, der nicht mal vor 50 Jahren als "gebraucht" durchgegangen wäre, auf Plattform 34 allerdings unser Bus sein soll, wollen wir nicht wahrhaben. Zynischerweise ist auf dem "Bus" vorne noch ein Mercedes-Stern aufgemalt, wir stellen fest: die einzige Marke, die hier zutreffend wäre ist "Tesa" (bestand eh mehr als 50% daraus).

Wir warten ab, immer mehr Bolivianer füllen den Bus, jeder nimmt das Gepäck mit rein und presst die Koffer in die Gepäckablage. Dazu mehr später...
Schließlich resignieren wir und steigen auch ein. Schnell noch ein paar Essensverkäufer die durch den Bus ziehen und los gehts. Overbooking gibts hier nicht, stattdessen stehen ein paar Passagiere einfach im Gang. Außerdem im Bus: eine Frau die den Bolivianern eine Allheilmittel verkaufen will, hilft anscheinend gegen:  Allergien, Diabetes, Lernprobleme, männliche Potenz, Fruchtbarkeit, gegen Alltagsgifte in unseren Getränken und Essen, sowie gegen jede weitere Krankheit welche die nette Frau mit Goldzähnen im medizinischen Wörterbuch nachschlagen konnte. Die Pillen stellen sich übrigens als Gingseng-Extrakt mit mehreren Vitaminen raus. Nach einer halben Stunde hat die Frau dann langsam genug herumgeschrien und beginnt mit dem Verkauf eines Abführ-Tees.

Langsam beginnt die Nacht, die Overbooking-Mitfahrer  holen sich ihre Schlafsäcke raus und legen sich auf den Gang. Dort befinden sich neben Gepäck, Dreck, Kindern unter anderem eine halbe Kartoffel.
Als kleinen Zusatzverdienst nimmt der Busfahrer noch ein paar Personen im Gepäckraum mit.

Ansonsten verlief die Fahrt bisher relativ ruhig. Um Mitternacht, pünktlich zu Halloween, gings dann los: die kurze nicht geteerte Straße zwischen Santa Cruz und Sucre stellt sich als 9h Schotterpiste raus. Nichtsdestotrotz beherrscht unser Busfahrer  die Tankwagenlaster-Überholmanöver bei Nacht auf 1,5-spuriger Schotterpiste ausgezeichnet, finales Resultat: nur 1 mal gestreift.

Eine Stunde später: lauter Knall. Die übervolle Gepäckablage ober uns senkt sich drohend. Alle Insassen stützen die Ablage mit den Händen. Wir halten. Es stellt sich raus, dass die Nieten bis Reihe 6 (unsere Reihe) auf unserer Seite durchgebrochen ist. Viel hätte nicht gefehlt und die ganze Ablage wäre runtergekommen. Allerdings nichts was ein bolivianischer Busfahrer nicht mit einem Eisendraht reparieren könnte.

Das leicht bedrohlichen Gefühl und die leicht schwankenden Gepäckablage machen die weitere Busfahrt deutlich weniger langweilig: bolivian roulette!
Um 3 Uhr Nachts dann der Höhepunkt der Busreise: Motorschaden auf 2000 m Höhe. Passend, die meisten Passagiere müssen mittlerweile eh wieder aufs Klo. Das gehörte zum all-inklusive Service: unser "Schlafbus" war ja voll ausgestattet, mit Fenster-werden-geöffnet  Klimaanlage und Alle-stellen-sich-neben-Straße-auf-und-lassen-laufen Toilette.
Zum Glück war der Bus voller Amateurmechaniker und schnell hat jeder eine Aufgabe gefunden. Versuche andere Busse aufzuhalten und um Hilfe zu Bitten scheitern jedoch in den meisten Fällen. Dann muss eben ein Kübel mit gebrauchten Schrauben dran glauben. Wir setzen uns wieder in den Bus und schlafen eine Runde (endlich mal Ruhe, ohne Schotterpiste). 3h später passend zur Dämmerung stellt sich dann heraus: unser Bus fährt wieder. Jetzt schätzen wir wieder die einfachen Dinge, selten so gefreut. Wer braucht schon 5* Schlafbus, wenn auch unserer fährt!

Gegen 10 Uhr früh kommen wir entspannt, ausgeschlafen und überglücklich in Sucre an. Kaum mehr als 2h Verspätung (Probleme waren wohl mit eingerechnet). Angekommen am Busbahnhof ein Hoffnungsschimmer: ein Busgast stürmt zur Polizei und regt sich mit lauter Stimme über die ganzen Missgeschicke auf. Beruhigend zu wissen, dass diese Fahrt auch in Bolivien nicht der Normalzustand ist.

Positiv ist zu erwähnen, dass sich die Stühle tatsächlich nach hinten neigen ließen und auch wieder hochgingen. Dafür dass wir für unser Ticket doppelt so viel wie normal gezahlt haben, finden wir das auch angemessen.

Glücklich mit unserem Leben stürzen wir uns in das nächste Abenteuer.

Coming Up: Sucre

Die Fotos leider nur mit billiger Handykamera:








2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich würd da in keinem Bus mehr einsteigen, wie gehts euch jetzt? fährt ihr weiter bis La Paz? ich dachte das wäre die Hauptstadt und nicht Sucre, hab das jetzt auch erst wieder dank google rausgefunden;-)
Sucre soll recht schön sein, guten Aufenthalt!

Unknown hat gesagt…

Als nächstes gehts nach Potosi zu den Silberminen auf 4000m und dann nach dem Salzsee bei Uyuni. Später gehts nach La Paz.
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